Die letzten paar Wochen waren bei mir emotional, tief, herausfordernd und teilweise sehr anstrengend. Ich bin deshalb auch entsprechend müde, aber ebenfalls sehr stolz auf mich. Denn he, ich habe es durchgestanden und ich habe es gut gemacht! Man darf sich selber durchaus loben und die Lorbeeren einsammeln 🙂
Was mir in dieser Zeit absolut bewusst wurde, ist, wie sehr ich meine Gefühle mit meiner Ernährung verknüpfe. Du kennst das sicher auch: die Schokolade bei Herzschmerz, der Kuchen nach einer bestandenen Prüfung oder der Burger um sich auf ein schwieriges Gespräch vorzubereiten. Mit vollem Magen reagiert der Kopf besonnener, das kann man durchaus unterstützen.
Aber warum ist unsere Ernährung so an unsere Gefühle gekoppelt? Und wie können wir damit umgehen, sodass wir uns nicht selber ein Bein stellen?
Das Verständnis vom Essen
Spulen wir etwas in der Zeit zurück. Früher war Einkaufen, Kochen & Essen ein weitaus grösserer Bestandteil unseres Alltags als heute. Wir hatten einen anderen Bezug zum Essen, gaben ihm einen anderen Stellenwert. Der Grossteil unserer Nahrung kam aus unserem eigenen Garten und die Ernte des Sommers brachte uns durch den Winter. Wir hatten gefüllte Keller und Vorratsschränke. Eingekauft wurde am Wochenmarkt und beim Metzger; die Massentierhaltung und grossen Einkaufsläden gibt es erst seit Ende des 2. Weltkriegs. Der Grossteil unseres Einkommens wurde in Nahrung investiert, heutzutage gilt dieser Anteil hauptsächlich Versicherungen. Die schnelle und mitunter hektische Zeit, in der wir heute leben, hat das Essen an den Rand gedrängt. Es ist eher im Weg, ein Muss und findet keinen geeigneten Platz in unserem vollen Tag. Zumindest geht es den meisten Menschen so. Unsere Gesellschaft hat darauf reagiert und fördert die Randständigkeit des Essens mit Fast Food, Fertiggerichten und Take Away.
Durch dieses Erleben von Essen haben wir den Bezug verloren. Wir achten oft nicht darauf, was genau wir essen, aber insbesondere: warum wir essen. Eigentlich wollen wir uns ja etwas Gutes tun! Schliesslich muss man ja essen, nicht wahr?
Das Bauchgefühl
In unserem Bauch gibt es ein riesengrosses Knäuel an Nerven, unser sogenanntes zweites Hirn. Tatsächlich gibt es hier mehr Nerven als in unserem Gehirn! Diese Nerven erkennen, speichern und erinnern sich an alles was wir erleben: an jedes Gefühl, an jeden Moment. Unser Bauchgefühl zapft in Situationen sozusagen unsere Erinnerungen an und verleitet uns zu gewissen Reaktionen. Das gilt unserem Schutz, denn was wir kennen kann uns schützen. Nur das Unbekannte ist gefährlich. Unser Bauchhirn ist in ständigem Kontakt mit unserem Kopfhirn, und beide ebnen uns so den Weg durch den Alltag.
Unser Körper ist clever, ich kann das nicht genug betonen: unser Körper ist schlau. Er vermittelt uns jederzeit, was ihm fehlt und was er braucht. Genau so entstehen die Gelüste und der Heisshunger. Unser Organismus sagt uns, was er benötigt um sein Gleichgewicht zu erhalten oder wiederherzustellen.
Zu diesem Gleichgewicht gehören nicht nur die Nährstoffe, die wir brauchen, sondern auch unsere Gefühle. Unser Bauch & unsere Psyche essen mit. Oft bemerken wir diese Signale aber nur in Extremsituationen, wenn wir also dringend reagieren müssen. Unser Körper plappert aber ständig mit uns. Er ist in Kontakt, 24/7, 365 Tage im Jahr.
Können wir wieder lernen, ihm zuzuhören?
Bei der Ernährung kann man grundsätzlich 2 Arten unterscheiden, auf die ich hier eingehen möchte: die intuitive und die bewusste. Beide haben Vor- und Nachteile, aber lass mich Dir beide erstmal vorstellen:
Intuitives Essen
Beim intuitiven Essen hören wir auf unseren Körper und gewähren ihm seine Wünsche. Dies geschieht mit den oben erwähnten Gelüsten und mitunter mit Heisshunger. Die grössten Vertreter dieser Kategorie sind Süss & Salzig. Die Lust nach Schokolade nach dem Essen, der Heisshunger auf Käse oder Chips. Beidem können wir einfach und unkompliziert nachgehen, Süsses & Salziges steht grundsätzlich immer bereit.
Das Interessante an diesen Gelüsten ist jedoch das Warum. Warum verlangt unser Körper etwas Süsses oder etwas Salziges? Was genau fehlt ihm?
Beim Süssen handelt es sich meist um eine Bestellung von Magnesium. Dieses ist für unseren Organismus elementar, unsere Nerven, Muskeln und das Gehirn sind darauf angewiesen. Unser Körper (und unbewusst auch wir) weiss, dass in Schokolade resp. in den Kakaobohnen Magnesium enthalten ist.
Unser Organismus besteht zu einem grossen Teil aus Salz. Wir brauchen es um uns zu bewegen, für die Verdauung und für das Denken. Wenn unserem Körper diese Energie fehlt, weckt er in uns die Lust auf Käse, weil er weiss (und unbewusst auch wir), dass in Käse eine grössere Menge Salz steckt.
Diese Verknüpfungen, welche Nährstoffe zu welchen Nahrungsmitteln führen, sind angelernt durch unsere Lebenserfahrung. Die Verbindungen müssen also nicht unbedingt die richtigen sein; sie führen zum Ziel, sind aber vielleicht der falsche Weg. Wir haben Ernährung als Kinder kennengelernt, als Jugendliche individualisiert und als Erwachsene in unser Leben integriert. Dabei spielt es eine grosse Rolle, was wir in unseren Kindheitstagen gelernt haben. Dazu unten mehr.
Wie gut ist intuitives Essen für uns?
Grundsätzlich kann ich jedem intuitives Essen nur empfehlen! Es ist wichtig, dass unser Körper benötigte Nährstoffe erhält und wir darauf hören. Diese Meldungen des Körpers sind übrigens auch der Grund, warum viele Diäten einfach nicht funktionieren: dem Körper mangelt es an Nährstoffen. Wenn wir zu restriktiv sind, Verzicht üben und damit die Balance aus den Augen verlieren, reagiert der Körper mit Abwehrmechanismen und verschafft sich lautstark Gehör. Das macht keinen Spass, und die Diät wird abgesetzt.
Der Haken beim intuitiven Essen: die Umsetzung & das Mass.
Wir brauchen etwas Süsses (also Magnesium) und greifen zur Schokolade. Wie oben geschrieben ist der Griff zur Schokolade angelernt. Wenn wir regelmässig Schokolade essen machen wir es uns zur Gewohnheit, und unser Körper will uns seine Wünsche so einfach wie möglich erfüllen lassen.
Wobei wir uns aber sicher einig sind: Schokolade und insbesondere ein Zuviel davon ist nicht gesund. Wenn unser Magnesiummangel gross ist, essen wir zu viel Schokolade. Nämlich so viel bis unser Depot wieder aufgefüllt ist. Damit verschlingen wir aber auch jede Menge Zucker und Kalorien.
Dasselbe gilt für Salz: nehmen wir zu viel, entziehen wir unserem Körper Wasser und führen ihm (zu viele) Kalorien zu.
Beim intuitiven Essen müssen wir also darauf achten, dass wir die Gelüste unseres Körpers mit den richtigen Nahrungsmitteln decken. Das kann schwierig sein: vielleicht ist nichts anderes im Haus oder Du kennst die Alternativen nicht. Zum Glück lernen wir nie aus! 🙂
Bewusstes Essen
Beim bewussten Essen handelt es sich mehr um die Gestaltung der Mahlzeiten als um das Decken einzelner Nährstoffe. Aber auch hier hören wir auf unseren Körper und unsere Intuition.
Jede Mahlzeit die wir zu uns nehmen, sei es das Frühstück, das Zvieri oder das Abendessen, wird bewusst zusammengestellt. Wir decken mit ihnen unseren Bedarf an Kohlenhydraten, Ballaststoffen, Proteinen und Fetten und damit automatisch auch unseren Bedarf an allen Nährstoffen.
Nun ist für uns aber nicht jeder Tag gleich und wir fühlen uns nicht jeden Tag gleich. Wir haben unterschiedliche Bedürfnisse, sowohl körperlich wie auch psychisch. An einem Tag, an welchem wir unsere Joggingrunde machen, brauchen wir andere Mahlzeiten als an einem Tag, an dem uns nichts gelingt und wir frustriert nach Hause kommen.
An solchen Tagen wird unser Körper uns bitten, ihm etwas mehr Protein zukommen zu lassen (Jogging), oder doch bitte eine Pizza zu bestellen und zu vernaschen (Frust).
Beides hat seine Berechtigung. Wir decken damit intuitiv unsere Bedürfnisse.
Was beim bewussten Essen ausschlaggebend ist: die nächste Mahlzeit wird entsprechend angepasst. Wir reduzieren den Anteil an Proteinen auf den normalen Tagesbedarf oder stellen uns einen üppigen Salat zusammen. So sind und bleiben wir im Gleichgewicht.
Der Haken beim bewussten Essen: die Umsetzung & das Unbekannte.
Das bewusste Essen benötigt etwas mehr Hintergrundwissen was die einzelnen Elemente der Ernährung betrifft. Was sind Kohlenhydrate, welche Proteinquellen gibt es und wie viel Zeit kostet mich das Zusammenstellen der Mahlzeiten? Auch hier muss man die Kalorien im Auge behalten, wir brauchen oft weniger als wir denken. Man lernt nie aus! 🙂
Die bewusste Ernährung ist sicherlich die optimale Variante und aus meiner Sicht auch gut im Alltag umsetzbar.
Fazit
Für beide Arten gilt: je grösser die Erfahrung wird, desto leichter wird die Umsetzung. Wir lernen neue Nahrungsmittel kennen, zaubern in Windeseile eine Mahlzeit zusammen und wissen schon bevor unser Körper sich meldet, was er braucht. Wir kennen uns besser. Das ist ein ganz wichtiger Punkt: wir lernen uns selber besser kennen. Was brauchen wir? Wie reagieren wir in gewissen Situationen? Was tut uns gut?
Jetzt interessiert mich Deine Meinung zum Thema: wie gestaltest Du Deine Ernährung? Wovon lässt Du Dich beeinflussen, und was möchtest Du ändern?
Lass es mich wissen unter mail@nahrungsbewusst.ch.
In dem Sinne: guten Appetit & bis bald!
Sandrine von nahrungsbewusst